«Celtic Music & Shanties» inszeniert

Solistinnen, Zofisingers, Band Crónán und Seemann Tom gaben Einblick in die keltische Kultur

Die Idee zur Aufführung von «Celtic Music & Shanties» stammt von Anna Merz. Wie immer, wenn sie ein Projekt umsetzt, geschieht dabei Aussergewöhnliches. Den Stoff zum neuen Projekt fand sie in Musikarchiven und schuf daraus ein farbenreiches, musikalisches Kleid.

Von Kurt Buchmüller, Zofinger Tagblatt 15. 9. 2010

Es muss sich herumgesprochen haben, dass diese Matinee Einzigartiges bieten würde. Die Aula des Gemeindeschulhauses war randvoll besetzt, das Publikum fieberte dem Programm entgegen. Vorsorglich erklärte Anna Merz bei der Begrüssung, dass die Lieder teilweise in original gälischer und walisischer Sprache gesungen würden. Obwohl davon niemand auch nur ein Wort verstand, kam der Inhalt trotzdem herüber. Diese Gesänge seien aus Freude und Leid gewachsen, wurde gesagt. Fröhliches und Trauriges erhielt dann musikalisch so beredt Ausdruck, dass ihre Botschaften überall ankamen.

Urtümlich und eigenständig

Obwohl sich ungewohnte Klangbilder öffneten, fühlte man sich sofort darin heimisch. Den Anfang machten die Frauenstimmen der Zofisingers. Das ist kein Verein, sondern eine Chorgemeinschaft, die sich projektbezogen zusammensetzt. Begleitet von den sechs Mitgliedern der irischen Band Crónán war ein «Song from Wales» zu hören. Unter «Wel, dyma’r borau gorau» erklang ein Weihnachtslied und somit die besinnliche, lyrische Seite der keltischen Volksseele.

Die Crónán-Band spiegelte dann in ihrem Vortrag alle Schattierungen der irischen Volksmusik, von Melancholie bis ausgelassener Lebensfreude. Der französische Zweig der Kelten trat mit «Mélodies kymriques» in Erscheinung. Am Klavier begleitet von Anna Merz, stellte sich Cornelia Masciadri mit bewegter stimmlicher Auslegung und lebhafter Gebärde in «Au pied du mont» vor, und Regula Zimmerli schilderte ausdrucksstark das Erlebnis von «Le premier amour». Beide Mezzosoprane trugen dann temperament- und affektvoll den gesanglichen Disput über «Quand mon mari se fâchera » aus.

Des Seemanns Sehnsucht

Die einstündige Matinee war eine atmosphärische dichte Reflexion keltischer, irischer und bretonischer Musik. Ihren Höhepunkt erreichte sie mit dem Lieder- und Liebesspiel um Jeanie unter dem Titel «Tommy’s Gone to Liverpool», arrangiert von Robert Bröckelmann, Anna Merz und Bernie Mueller, in der Textbearbeitung von Virgilio Masciadri. Darin wird die Geschichte des in Jeanie verliebten Tom erzählt, umrahmt und eingebunden in Shanties und Seemannslieder.

Belebt wird die Story von Tom und Jeanie durch die Schauspielkunst von Fred Göbel. Trübselig setzt er sich auf eine Seemannskiste, neben sich eine Flasche Whiskey, und beginnt zu erzählen: Von den hellen Nächten, vom Duft des Holunders und von der Enttäuschung, die ihn aufs Meer trieb, das dann seine Heimat wurde, weil er ein neues Leben brauchte. Er träumt weiterhin von Jeanie, bis ihr Gesicht im Schnaps versinkt. Schliesslich sieht er ein, dass der Grund seines Trübsals nicht in der endlosen Weite des Meeres, sondern in ihm selber liegt und Jeanie immer bloss ein Traum gewesen ist.

Grosser Wurf gelungen

Die lebensechte Art und Weise, wie Fred Göbel seine Schauspielkunst zu Seemannsgarn verknüpfte, lässt sich kaum in Worten schildern, man muss es gesehen haben. Musikalisch illustriert wurde die Geschichte von Tom und Jeanie ebenso kunstvoll vom Chor der Zofisingers und der Band Crónán. Auch sie muss man gehört haben, um zu verstehen, dass an dieser Matinee ein kreativer Geist und engagierte Mitwirkende triumphierten und nicht der materielle Aufwand. Mit kleinen Mitteln ist den Verantwortlichen hier ein grosser Wurf gelungen. Das Publikum bedankte sich mit anhaltendem Applaus und erhielt dafür als Zugabe die Wiederholung des Stücks «A Sailor’s Philosophy».