Musicals mit Studierenden entwickeln

Anna Merz erhielt vom Kuratorium einen Atelieraufenthalt in London zugesprochen.

Klaus Plaar, Aargauer Zeitung 28.07.2007

Anna Merz, Musiklehrerin an der Kantonsschule Zofingen, erhielt vom Aargauer Kuratorium sechs Monate «Atelier London» zugesprochen, verbunden mit einem Beitrag von 18 000 Franken an die Lebenshaltung. Über ihre Pläne und Projekte «verriet» sie einiges im Gespräch.

Sie ist in der Öffentlichkeit längst keine Unbekannte mehr: Anna Merz, von Beruf Pianistin, Musiklehrerin an der Kantonsschule Zofingen. Zwar steht das Klavier im Zentrum ihrer Aktivitäten, doch geht ihr künstlerisches Engagement weit über den Begriff «Pianistin» hinaus: Konzertveranstaltungen, Musikvermittlung, organisatorische Aufgaben, Engagement im «FrauenMusikForum», Arbeit auf dem Gebiet Musik und Kinesiologie, Erwachsenenbildung in Sachen Musik, um nur einige Tätigkeiten zu nennen.

Seit 30 Jahren an der Kanti

An der Kantonsschule Zofingen bekleidet Anna Merz seit 30 Jahren eine 50-Prozent-Stelle als Klavierlehrerin. «Das gibt mir die Freiheit, künstlerisch aktiv zu sein», erklärt sie überzeugt. Im Rahmen ihrer Arbeit an der Kanti Zofingen sind unter ihrer Führung bereits mehrere Musiktheaterprojekte entstanden, das Musical «THE BOY FRIEND» und «Samba in Sibirien» fanden grosse Anerkennung. Die Basis dazu bildete immer ihre Arbeit mit professionellen Musiktheaterensembles. Wer erinnert sich nicht an die öffentlichen Aufführungen im Stadtsaal Zofingen des Mozart-Projektes «MozOpera» oder des Schumann-Projektes «Roberts Luftschiff»?

Das Atelier in London trägt den Namen «The Fire Station» und ist vom Aargauer Kuratorium permanent gemietet. Anna Merz wird sich dort nächstes Jahr von Juli bis Dezember einquartieren. Dafür nimmt sie an der Kanti unbezahlten Urlaub. Wohnen kann sie in «The Fire Station» zwar gratis, doch betont sie, dass der Kuratoriumsbeitrag an die Lebenshaltung in der teuren Weltstadt wohl nicht ausreichen wird. «Ich bin jetzt schon am Sparen», erzählt sie.

Anna Merz freut sich riesig auf den Londoner Aufenthalt. Sie will dort viele Veranstaltungen, Musiktheater und Musicals besuchen. Weiter berichtet sie begeistert: «Eventuell werde ich an der Uni einen Kurs belegen, aber auch in Bibliotheken Partituren studieren.» Auf die Frage, was ihr die britische Metropole aus künstlerischer Sicht bedeute, erwiderte sie strahlend: «London ist die europäische Musical-Stadt! Nur New York wäre noch besser.» Rein sprachlich sollte das kein Problem für sie sein, spricht sie doch gut Englisch: «Ich war schon einmal in Oxford zu einem Sprachaufenthalt. Auch dieses Jahr werde ich wieder gehen. Dafür nehme ich mein Dienstaltersgeschenk in Form von Zeit statt Geld.»

Auf die Frage an Anna Merz, ob es ihr Ziel sei, die Arrangements für künftige Musicals selber zu schreiben, entgegnete sie: «Bei «Samba in Sibirien» habe ich erstmals Arrangements selber geschrieben, beim «BOY FRIEND» eingegriffen. Mein Ziel ist es nun, ein ganzes Musical selber von Grund auf zu entwickeln: Den Plot (Geschichte), die Rollen, den Text, die Songs, die Dramaturgie, das Bühnenbild, die Kostüme, und zwar massgeschneidert auf die mitwirkenden Schüler und Schülerinnen, die zur Verfügung stehen.» Als Pädagogin und Musiklehrerin will sie den Studierenden einen Rahmen geben und dann mit ihnen das Musical entwickeln.

79 Bewerbungen eingegangen

Vom Entscheid des Kuratoriums war Anna Merz total überrascht: «Als ich hörte, dass 79 Bewerbungen eingegangen sind, dachte ich nicht, dass es klappt. Vom positiven Bericht war ich ebenso überrascht wie erfreut. Und so lange (sechs Monate)! Für mich ist es ein Nachholen dessen, was ich früher versäumt habe, ein Aufbruch zu neuen Ufern.» Am Schluss des Gespräches fügt die neuerlich ausgezeichnete Künstlerin noch an: «London ist eine total lebendige Stadt. Ich werde sicher auch mal ein Pub besuchen und ein gutes englisches Bier trinken.»

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