Weihnachtsfeier auf englische Weise

«The English Christmas Carol Service» berührte in einer bis auf den letzten Platz gefüllten Stadtkirche

Kurt Buchmüller,
Zofinger Tagblatt 13. 12. 2014

Die meisten Kirchen in England bieten in den Wochen vor Weihnachten den Carol-Service an. Er besteht aus Weihnachtsliedern (Carols) und Lesungen aus den Evangelien mit der Weihnachtsgeschichte. In unserer Gegend hat dieser Brauch dank des Frauenvereins Wikon Einzug gehalten. Einige seiner Mitglieder besuchten einen Konversationskurs in Englisch und lernten dabei auch den Christmas Carol Service kennen. Fortan fand unter Mithilfe von Pfarrer Burkhard Kremer im Pfarreisaal Wikon regelmässig zu Weihnachten ein solcher statt. Die heutige Form erhielt er 2011, nachdem die innovative Zofinger Musikerin Anna Merz einen Adhoc- Chor aufgebaut hatte. 2012 bediente der Christmas Carol Service erstmals auch die Stadtkirche Zofingen. Die Faszination dieser Weihnachtsfeier muss sich herumgesprochen haben. Das Interesse daran war auch dieses Jahr enorm, beim Publikum wie den Mitwirkenden. Auf die Frage, wie sie kurzfristig einen rund 70-köpfigen Gemischten Chor mobilisieren konnte, antwortete Anna Merz: «Sie sind einfach gekommen, ich bin fast erschrocken.»

Die universelle Sprache der Musik

Englisch gilt als Weltsprache. Trotzdem darf bezweifelt werden, ob alle Anwesenden in der bis auf den letzten Platz gefüllten Stadtkirche, ihrer mächtig waren. Das war auch gar nicht nötig, obwohl an diesem Abend weder in den Liedern noch in den Lesungen auch nur ein Wort deutsch gesprochen wurde. Die Stimmung sprach für sich, schon draussen vor der Kirche mit dem Lichterbaum und nochmals drinnen, als auch dort die Kerzen angezündet wurden und erst recht mit dem Klang des Glockengeläutes. Dann übernahm das Orgelspiel von Hans Egg die mentale Fortsetzung. Nach den Welcome Greetings von Maja Freiermuth und Pfarrer Burkhard Kremer teilte der Chor mit Orgelbegleitung die frohe Botschaft vom «The first Novell» mit. Richtig unter die Haut ging das Lied, als sich Anna Merz umkehrte und weit ausholend das Publikum aktiv in den Gesang mit einbezog. Und das klappte auf Anhieb das erste Mal und dann immer wieder in den folgenden Liedern.

Die Weihnachtsbotschaft von der Geburt Jesu verkündete danach Peter Darlington in den Worten des Evangelisten Lukas 2, 1-7, natürlich auf Englisch, wie auch die weiteren Lesungen aus der Weinnachtgeschichtete von Anne-Marie Stanger (Lukas 2, 8–14), Graham Workmen (Matthäus 2, 1–8) und Joyce Baumberger (Matthäus 2, 9–15). Die gesprochenen Worte kleidete Anna Merz stets in ein dazu passende musikalisches Gewand. Es waren erhabene und berührende Melodien dabei, die sofort einen Platz im Gemüt des Publikums und Widerhall im Mitsingen fanden. Ebenso dankbar aufgenommen wurden die fröhlichen und rhythmischen Vorträge wie der vom «Little Drummer Boy». Was am meisten beeindruckte, war das in nur sieben Proben entstandene enge Geflecht zwischen Orgel, Frauen- und Männerstimmen und sogar im Dialog mit dem Publikum.

Gleichnis über den Sinn des Lebens

Zum Christmas Carol Service gehört immer auch eine Weihnachtsgeschichte. Pfarrer Kremer erzählte von Peter, der von seiner Mary verlassen wurde und sich deshalb in einem Gefühlschaos befindet. Er sucht Ablenkung, will Weihnachten weit weg verbringen und bucht eine Reise auf die Virgin Island in der Karibik. Sein dortiger Taxifahrer weiss von der Schweiz nur, dass es dort Berge, Uhren, Käse und reiche Leute gibt und möchte Peter zeigen, wie bei ihnen Weihnachten gefeiert wird. Auf der Fahrt zum Fest wird die Umgebung immer schäbiger. Als Festtafel benützt man eine abgehängte Türe, alle Anwesenden sind festlich gekleidet, nur Peter steckt im typischen Tenue eines Touristen, was aber niemand stört. Statt die üblichen Lieder werden Negro Spirituals gesungen. Alle sind fröhlich, niemand will heim, für die Einheimischen ist mit Jesus der Himmel auf die Erde gekommen. Peter erinnert sich an seine Kindheit, er hat das gefunden, was er immer suchte, er kann den Alltag mit einem Licht aufhellen. Per SMS schickt er die Einladung zur gemeinsamen Weihnachtsfeier nach Hause.

Ruth Ziörjen wies auf die Kollekte hin, die für die Kinderkrippe Sterne-Kita in Zofingen bestimmt ist. Danach wurden das Publikum ins Kirchgemeindehauses gebeten. Im festlich dekorierten Saal wurde der stimmige Abend mit Tee, einer grossen Auswahl vom Chor selbst gebackener Cookies und angeregten Gesprächen beschlossen.